Es ist ein Massenphänomen. Jedes Wochenende, an Freitagen und Samstagen, gehen Männlein und Weiblein weltweit auf die Pirsch. Manchen reicht selbst das nicht und so werden Montage, Dienstage oder eigentlich jeder andere beliebige Tag für Afterworkparties, Pre-Weekendparties oder sonst eine nächtliche Veranstaltung mitgenommen. Das Angebot ist riesig und es sollte für jeden etwas dabei sein. Geht man nun in einen Club, Disco, Bar, Lounge oder die Kneipe von nebenan, so stellt man fest, dass sich das Publikum in Alter und Zusammensetzung stark unterscheidet. Was aber alle eint ist die Suche nach Spaß. Warum man diesen allerdings in überfüllten Clubs und Discotheken mitten in der Nacht finden soll, ist mir bis heute absolut schleierhaft.
Egal wo man sich auf diesem Planeten auch befindet, die Szenarien sind immer dieselben. Mädels takeln sich auf, Jungs wollen imponieren und ihr Revier markieren. Im Endeffekt kann man das auf einen Nenner bringen: Balzverhalten in seiner reinsten Form. Dadurch, dass aber eigentlich jeder von sich aus erst einmal schüchtern und wenig angriffslustig ist, wird künstlich nachgeholfen:
- Das Licht ist diffus, so können dann schon einmal die Mädels punkten. In Kombination mit soviel Schminke und Makeup, gelingt es auch dem unscheinbarsten Mauerblümchen zu glänzen und die paarungswilligen Männchen anzulocken.
- Die Musik wird so laut aufgedreht, dass man quasi sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Es klingt absurd, aber das erleichtert die Kommunikation ungemein. So ist es nicht mehr notwendig mit einer intelligenten oder originellen Konversation glänzen zu müssen. Das heißt, dass sogar Sprachbarrieren in diesem Zusammenhang überwunden werden. Man kann seinen Gegenüber ohnehin nicht verstehen. Hierzu habe ich einige Studien an lebenden Objekten beobachten können.
- Nun der wichtigste Punkt: Der Alkohol muss in Strömen fließen. Die eigentlich schüchternen Objekte werden entweder gefügig gemacht oder enthemmt, je nach Geschlecht. Diese Kombination wirkt Wunder. Mithilfe der beiden bereits genannten Punkte wird den Paarungswilligen so eine Menge Spaß suggeriert. Für Jungs gilt, dass sie eine große Auswahl an „Opfern“ zur Verfügung haben, und Mädels können bei dem generellen Überangebot an testosterongeschwängerten Jungs sicher sein, dass alle einen Partner abbekommen.
Soweit so gut. Die Rahmenbedingungen für einen beidseitigen, erfolgreichen Abend mit gewolltem Happyend sind gesteckt.
Wie aber sieht die Realität aus? Es kommt leider anders als alle es denken. Trotz der künstlichen Nachhilfe, siehe oben, passiert etwas anderes, als erwartet. Das rituelle Balzverhalten verläuft nicht wie gewünscht. Alle sind auf der Suche, aber trotz der besten Voraussetzungen, gehen in der Regel doch 99% der Paarungswilligen alleine nach Haues. Wie kann das sein? Zum einen, muss man ganz objektiv feststellen, dass sich Männlein und Weiblein generell nicht verstehen. Die Kommunikation zwischen den Geschlechtern ist zu verschieden. Als Beispiel soll hierfür stehen, dass Frauen Signale aussenden, die bei den Männern nicht ankommen. Wenn eine Frau interessiert ist, schaut sie weg und muss sich, vermutlich aus gesellschaftlichen Gründen, zunächst zieren. Das wirkt abweisend. Jungs dagegen, fassen selten den Mut, trotz der bereits erwähnten erleichterten Rahmenbedingungen, das Objekt der Begierde dann auch wirklich zu attackieren. Und wenn es dann doch zum „Angriff“ kommt, wird dieser durch die völlig entgegengesetzte Reaktion des „Opfers“ außer Kraft gesetzt. Die Folge ist, dass keiner der beiden zufrieden mit dem Ergebnis ist und quasi aneinander vorbeibalzen. Interessant dabei zu beobachten ist, wie peinlich das ganze von einem neutralen Standpunkt betrachtet ist. Mit ein wenig Abstand kann man diese Vorgänge vorzüglich von dem Alarm im Gehirn des Jägers, über die Zurechtlegung der Angriffstaktik und zaghaften Umsetzung, bis hin zum kläglichen Scheitern beobachten. Hierbei wird die ganze Palette der modernen Balzinstrumente zum Einsatz gebracht. Vom Mutantrinken, über nervöse Blickkontaktaufnahme bis hin zu meinem persönlichen Favoriten – dem absolut peinlichen Balztanz in Form von geradezu innovativen Verrenkungen um das Weibchen zu beeindrucken. Hierbei spielen natürlich gerade auch die aktuellen Modetrends eine gewichtige Rolle. Denn man geht ja mit der Zeit.
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Als, seit nun schon vielen Jahren Geheilter, muss ich mit Erstaunen feststellen, dass sich dieses Szenario jeden Abend im sogenannten Nachtleben wiederholt. Es hat sich über die Jahre vom Grundprinzip nicht geändert. Anpassungen erfolgten selbstverständlich in Form von neuen Klamotten, hippen Drinks und den aktuellen Musikhits, aber das eigentliche Verhalten und die Rahmenbedingungen sind konstant geblieben.
Was mich dabei besonders schockiert, ist die Tatsache, dass absolut kein Lerneffekt eintritt. Es ist jeden Abend dasselbe, das peinliche Verhalten, die Suche und das Ergebnis. In Kombination mit dem exzessiven Alkoholgenuss, dem massiven Schlafentzug und dem Frust, nicht zum gewünschten Erfolg gekommen zu sein, ergeben sich, objektiv betrachtet, doch immense Opfer. Als da wären: Hangover, frühzeitiger körperlicher Verfall und der Verlust des kompletten nächsten Tages. Auswirkungen auf die nächste Partynacht haben diese Erfahrungen allerdings keine. Der Mensch ist doch lernresistenter als allgemein angenommen. Die nächste Partynacht kommt bestimmt und das ganze Ritual geht von vorne los. Die Hoffnung doch noch zum gewünschten Ergebnis zu kommen ist einfach zu verführerisch. Was das allerdings mit Spaß oder sinnvoller Freizeitaktivität zu tun hat, erschließt sich mir schon seit vielen Jahren nicht mehr. Die Beobachtung ist interessant, aber die Opfer dafür definitiv zu hoch. Aber damit stehe ich wohl alleine auf weiter Flur.
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